Urban Gardening auf dem Dach der Bremer vhs – ein Dachgarten in 40 Metern Höhe
Hier schreibt Susanne Nolte, vhs Bremen:
Thymian, Salbei, Basilikum, Oregano, Kolakraut und viele weitere Kräuter gedeihen in luftiger Höhe Seite an Seite mit Gemüsepflanzen wie Kürbis, Lauch, Knollenziest oder Karotten. Bei gutem Wetter hat man einen kilometerweiten Blick über Bremen mit seinen alten Hafenanlagen, der Altstadt, den mondänen Neubauten und der Weser.
Ein unwirtlicher Ort wird zum grünen Treffpunkt
Im Frühjahr 2015 haben wir – ein Team aus dem Fachbereich Gesundheit der Bremer VHS – auf der Dachterrasse des historischen neunstöckigen Bamberger-Hochhauses den VHS-Dachgarten eingerichtet. Wir kooperieren in diesem Projekt mit der Bremer Gemüsewerft, einer gemeinnützigen Gesellschaft für integrative Beschäftigung.
Auf einer Fläche von 110 Quadratmetern haben wir in 100 mobilen Pflanzkisten verschiedene Sorten Kräuter und Gemüse gepflanzt, die auch ein bisschen Wind gut aushalten. Ausgestattet mit provisorischen Sitzgelegenheiten ist der Dachgarten der Bremer Volkshochschule seitdem in der Regel jeden Tag bis zum frühen Abend frei zugänglich.
Entspannungs- und Arbeitsraum hoch über den Dächern
In 40 Metern Höhe finden jetzt in den Pausen Gespräche zwischen Teilnehmer*innen der verschiedenen vhs-Veranstaltungen statt, manche kommen einfach nur nach oben, um an der frischen Luft durchzuatmen.
Auch Mitarbeiter*innen, Lehrende und sonstige Besucher tauschen sich aus, unter anderem natürlich über vielfältige Fragen zu Gärtnern, Gemüse und Ernährung.
Teilnehmer*innen aus den Ernährungskursen führen Bestimmungsübungen durch und ernten anschließend Kräuter und Gemüsepflanzen, um damit in der Lehrküche etwas Leckeres zuzubereiten.
Qigong- und Yoga-Kurse sind im Dachgarten ebenso anzutreffen wie Workshops und Integrationskurse, die bei hochsommerlichen Temperaturen spontan auf die Dachterrasse verlegt werden.
Mitarbeiter*innen nutzen den Dachgarten dank Laptop oder Smartphone und freiem WLAN zum Arbeiten.
Menschen aus dem Quartier dient der Dachgarten als Treffpunkt. Auch Bremerinnen und Bremer aus anderen Stadtteilen oder Reisende kommen hierhin, um sich zu erholen und die großartige Aussicht zu genießen.
Urban Garden als „dritter Ort“ des modernen Lebens
In den letzten drei Jahren hat sich der Dachgarten zu einem besonderen Ort der Begegnung, der Kommunikation, des Lernens und Arbeitens entwickelt.
In der Stadt, eingebunden in den urbanen Raum, ohne Umstände erreichbar und Erholung, Freizeit und Bildung bietend, werden solche Räume auch „Dritte Orte“ genannt. Sie werden laut dem Soziologen Ray Oldenburg an Bedeutung zunehmen. Er kategorisiert Lebensräume folgendermaßen:
Als erster Ort gilt das Zuhause, der Arbeitsplatz ist der zweite Ort. Dritte Orte sind öffentliche Räume oder halböffentliche Orte, die alle auf ihre ganz eigene Art die Möglichkeit für Begegnung, Kommunikation und Erlebnis bieten.
Oldenburgs Theorie ist nach wie vor hochaktuell: In Zeiten der Individualisierung, Digitalisierung und zunehmenden Mobilität, in denen sich die Grenzen zwischen Wohnen und Arbeiten, Beruf und Freizeit, öffentlich und privat verwischen, brauchen wir Orte, die zu neuen Zentren einer sich immer weiter ausdifferenzierenden Stadt werden. Künftig werden Dritte Orte neben Wohn- und Arbeitsbedingungen die Attraktivität einer Stadt ausmachen.
Bildnachweise: Alle Fotos vhs Bremen oder Gemüsewerft Bremen.